WarstDuSchonMal im „Chez Chabert“ in Lyon
Ich weile nun schon seit einiger Zeit in Frankreich und mit den lukullischen Schnäppchen sieht es hier leider etwas dünn aus. Deshalb ist mein Lyon-Tipp nichts für den ganz kleinen Geldbeutel, aber es gibt hier doch etwas Besonderes zu berichten.
Wenn man sich über Lyon im Netz beließt, z.B. bei Wikipedia, dann erfährt man, dass Lyon als Hauptstadt des guten Essens in Frankreich gilt. Das ist schon mal ne Hausnummer. Außerdem werden die Bouchon empfohlen. Das sind Restaurants die aus der Not heraus gegründet wurden. Nach der Niederlage im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 mussten die reichen Familien in Lyon recht viel Geld bezahlen und schröpften dabei ihr Personal. Die Köchinnen die nun arbeitslos waren, eröffneten Restaurants und servierten hier Gerichte aus einfachen Zutaten, die sie sonst für die Belegschaft gekocht hatten. Mit Erfolg, wie die Geschichte Zeigt. Das typische Essen ist reichlich, es gibt gern auch Innereien oder Teile, welche beim Schlachter billig zu haben waren und das Essen ist, untypisch für Frankreich, recht schwer.
Ich recherchierte im Netz, welches Bouchon denn einen Besuch wert war. Ich fand direkt hinter einer Saône-Brücke das altehrwürdige „Chez Chabert„. Die Betreiber haben das Lokal noch nicht lange, aber das Lokal selbst ist schon gut 100 Jahre alt.
Das Innere des kleinen Bouchons
Als ich am Restaurant angekommen war sah ich erst mal nur den Preis – 24EUR für das Menü. Hmmm… Naja es sind ja 4 Teile. Vorspeise, Hauptgang, Käse und Dessert. Ich sagte mir, „einmal kann man das schon machen“.
Mein Essen
Man fragte mich nur nach dem Hauptgang – ich bestellte „Quenelles Souße Nantua„, das ist ein Klos aus Hechtfleisch in einer Krebsbuttersoße. Die eigentliche Überraschung kam aber erst noch. Eine Vorspeise konnte man nicht aussuchen. „Es wird gegessen was auf den Tisch kommt“ – Naja fast. Das Typischste Essen in den Bouchons ist der Saladier lyonnais. Aber anstatt einem Teller wurden mir 5 Schüsseln auf den Tisch gestellt und der Kellner sagte noch, dass ich mir nehmen könnte soviel ich will, es kämen aber nochmal 5(!) Schüsseln. Wow!
Saladier lyonnais - Teil 1
In den ersten Schüsseln war Linsen, Kartoffelsalat (die Kartoffeln waren noch leicht knackig. Das war interessant), Heringsfilets, Wurstsalat aus Kuhnase und Artischockenherzen. Überraschenderweise schmeckte mir der Hering am besten – so was esse ich normalerweise gar nicht. Auch die Artischocken waren interessant. Die nächsten 5 Schüsseln kamen:
Die zweiten 5 Schüsseln und ein Teller mit Wurst
Diese enthielten Schweinefüße (bzw. das Fleisch dieser), in Olivenöl eingelegte Paprika, Rote Beete, Weiße Bohnen und Wurstsalat aus einer Art Leberkäse. Dazu gab es noch einen Teller mit Lyoner Wurst und Stücken die geschmacklich an Leberwurst erinnerten, sowie einen Stück Sülze.
Am besten schmeckte hier der Leberkäsesalat und die Paprika. Interessant war die Rote Beete, die ich normalerweise auf Grund ihres Geschmacks nach „Friedhofserde“ nicht mag. Die hier war aber mit Zucker angemacht und war wirklich gut. Nur um das nochmal klar zustellen: Eigentlich esse ich keine säuerlich angemachten Wurstsachen und dergleichen. Aber die Salate hier waren alle so gemacht, dass sie schmeckten.
Dann kam der Hauptgang. Das Pfännchen war zwar kleiner als die Vorspeisenschüssel, aber der Klos füllt doch gehörig den Magen.
Quenelles an Souce Nantua
Er schmeckte sehr leicht nach Fisch und die Soße war sehr vollmundig. Zusammen mit der Vorspeise hätte man hier schon aufhören können. Doch dann gab es den Käse. Zur Auswahl stand ein Frischkäse oder ein halber Saint-Marcellin. Ich habe mich für letzteren entschieden. Er ist Brie-artig aber stärker im Geschmack ohne in der Nase zu beißen. Bei einem zweiten Besuch habe ich den Frischkäse probiert, dieser war sehr sauer und man konnte ihn nur mit Zucker halbwegs essen (Ein Tipp vom Kellner). Also lieber den richtigen Käse wählen.
So… eigentlich wollte ich platzen, aber es gab ja noch ein Dessert – dachte ich. Pustekuchen! 5 Desserts! Wieder wie bei der Vorspeise in Schüsseln zur Selbstbedienung. Und diese Desserts waren der Hammer!
Die Dessertschüsseln
Es gab Pflaumen in Rotwein, Birnen in Rotwein, Eischnee mit Creme Anglaise, Milchreis mit Rosinen und einen Puddingkuchen (mir fällt der Fachbegriff nicht ein, sorry). Am besten schmeckte mir die Rotweinbirne. Die Schüsseln kamen frisch aus dem Kühlschrank, perfekt! Der Rotwein mit Birnensaft selbst war super. Der ein oder andere Löffel wurde in mein Glas umgefüllt….lecker!
Bei meinem zweiten Besuch gab es noch selbst gemachte Mousse au Chocolat. Die war extrem gut und stritt mit den Birnen um Platz 1 meiner Lieblingsdesserts. Der Eischnee mit Creme Anglaise war auch sehr gut. (Kleiner Tipp: Nehmt von unten, dort sammelt sich die leckere Creme. Oben der Eischnee ist sonst zu langweilig.)
Zum Abschluss kann man noch einen Kaffee nehmen – oder auch nicht. Bezahlt habe ich 30EUR. Da war auch noch ein Gläschen Weißwein dabei.
Bei meinem zweiten Besuch, den ich bereits erwähnt hatte, habe ich ein richtig typischen Essen ausprobiert: „Tablier de sapeur“ – panierter Schweinemagen. Serviert wird dieser mit einer kalten Senf-Essig-Zwiebel Soße.
Kann man mal probieren – wird aber nicht mein Leibgericht. Dazu ist die Konsistenz zu seltsam.
Anfahrt
Gleich vornweg: Parken in Lyon ist entweder teuer oder die Hölle. Ein bisschen am Fluss flanieren ist deshalb nicht nur schön, sondern vermutlich auch nötig. Es gibt aber ein Parkhaus direkt in der Nähe.
Anschrift ist:
RESTAURANT CHEZ CHABERT
14, quai Romain Rolland
69005 LYON
(Quartier St Jean – Vieux Lyon)
Tel. 06 73 41 42 28
Website: http://www.chezchabert.com
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